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Anwaltskosten in Italien

26 August 2017, Nicola Canestrini

Wie wird in Italien die Honorarnote eines Anwalts erstellt? Wie ist die Kostenerstattung im Zivilprozess geregelt? Habe ich im Fall des Freispruchs Recht auf Kostenrückerstattung oder Schadensersatz?

Viele scheuen - nicht nur in Italien - den Weg zum Anwalt, weil sie Angst vor den Kosten haben.

Der Anwalt - der für seine Auskunft haftet und entsprechend pflichtversichert ist - ist allerdings verpflichtet, nach genau vorgegebenen Regelungen sein Honorar zu vereinbaren und zu berechnen.

Und: wartet man mit der Wahl eines Vertrauensanwaltes zu lange, können die Konsequenzen weit schlimmer sein.

Grundsätzlich sollte vor der Mandatserteilung des Anwalts über die Kosten der Tätigkeit gesprochen werden, auch um die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfe oder des Einspringens einer Rechtsschutzversicherung zu überprüfen, wobei bei Bestehen einer Rechtsschutzversicherung die sofortige Übermittlung der Polizze samt AGB's zwecks (fristgerechten) Deckungsanfrage unbedingt notwendig ist.

Nebst Gerichtskosten (ein je nach Verfahren pauschalisierter Betrag plus Auslagen des Gerichtsverfahrens) trägt der Mandant auch die 

ANWALTSKOSTEN

In der Antike war der Rechtsbeistand unentgeltich (mandatum, unentgeltlicher Vertrag) und nur mit nicht einklagbaren, honorarium genanntem, Ehrengeld vergütet.

Anwaltskosten sind immer einzelfallabhängig (und leider am Anfang nicht immer genau einschätzbar); ab Januar 2012 wurden Rechtsanwaltstarif und Gebührentabelle abgeschaffen und sind nummehr der Vereinbarung zwischen Anwalt und Mandanten überlassen; der Inhalt der Vereinbarung ist einzelfallabhängig (es kann z.B. auch eine Kostenpauschale oder ein Stundensatz vereinbart werden).

Da seit dem 24. Januar 2012 die gesetzliche Regelung einer Mindest- bzw. eine Höchsttarif (sog. Rahmengebühren, die im Tarifsatz der Rechtsanwälte vorgegeben waren) abgeschaffen wurden, werden die Anwaltskosten in Italien nun hauptsächlich von der Vereinbarung zwischen Mandanten und Anwalt bestimmt.

In der (auf Anfrage schriftlich verfassten) Vereinbarung werden die Anwaltskosten im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände bestimmt, so wie z.B Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten, Resultat, ...

Fehlt die Vereinbarung, werden die Anwaltskosten ab 3. April 2014 nach den sogenannten Parametern (Tarifsätzen) in Streitfalle vom Richter bestimmt.

Der Richter muss dabei die im Dekret N.55/2014 festgestellten Mittelwerte berücksichtigen, die allerdings bis zu 50% vermindert ud bis zu 80% erhoeht werden koennen.

Nach der seit dem Januar 2012 in Kraft getretenen Verfügung richtet sich die Höhe der Anwaltskosten grundsätzlich im Zivilrecht nach dem sogenannten Streitwert, im Strafrecht nach dem zuständigen Gericht (Friedens-, Landes-, Oberlandes- oder Kassationsgericht), der Schwierigkeit des Verfahrens, der Schwere der vorgehaltenen Straftat, der Driglichkeit, sowie anderer Faktoren (u.a. auch das erzielte Resultat).

Die Tabellen der genannten Verfügung des Justizministeriums 55/2014 bestimmen einen Durchschnittswert für (1) Aktenstudium, (2) Einlassungstätigkeit, (3) Beweisaufnahme, (4) Entscheidungsphase und (5) Vollstreckung , der je nach den Umständen erhöht oder gesenkt werden kann.

Bitte beachten Sie, dass nebst

- Honorar des Anwaltes auch

- Ausgaben (Stempelmarken, ..),

- 15% allgemeine Spesen (pauschaler Betrag für allgemeine Unkosten der Kanzlei wie Strom, Sekretariat, Kopien, usw.),

- 4% Fürsorgebeitrag und

- 22% Umsatzsteuer (ausgenommen ausländische Firmen und Freiberufler gem. Art. 7ter D.P.R. 633/1972, sog. "reverse charge")

berücksichtigt werden müssen.

Die Rechtskanzlei Canestrini kann - falls bei Mandatserteilung vereinbart - im Zuge eines regelmässigen Fortschreiten des Prozesses oder bei vereinbarten Fälligkeiten eine detaillierte Kostennote, welche genauestens jede erbrachte Tätigkeit samt Datum auflistet.

Denn: Sie haben das Recht zu wissen, wofür Sie ihr Geld ausgeben.

Die Rechtsanwaltskammer ist auch für eine Stellungnahme bezüglich der Kostennote zuständig: jeder, der der Ansicht ist, dass die Kostennote nicht gerechtfertigt sei, kann schriftlich dem zuständigen Kammerausschuss eine Prüfungsanfrage vorlegen.

Wann muss in Italien der Anwalt die Rechnung ausstellen?

Kostennoten sind keine Honorarrechnungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn, in denen der Anwalt mit dem Auftraggeber die erbrachten Leistungen verbindlich abrechnet; die Rechnung folgt bei eingegangener Zahlung gemäss Art.21 des Gesetzes ("D.P.R.") 633/72.

 

KOSTENERSTATTUNG IM ZIVILPROZESS

Die Kosten sind bei Anwalt und Gericht vorzustrecken: der Mandant kann sich allerdings unter bestimmten Umständen, zumeist wenn er obsiegt, die Kosten erstatten lassen.

In aussergerichtlichen Fällen können dem Gegner die Kosten auferlegt werden, wenn dieser die Rechtsverfolgungskosten zu tragen hat. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Gegner sich in Verzug befindet oder dieser Schadensersatz zu leisten hat. Bringt der Gegner allerdings Einwendungen vor, wird er auch die Kostennote des Anwalts nicht zahlen; haben beider Parteien einen Anwalt, zahlt sich bei ausserfgerichtlicher Einigung jede Partei meist den eigenen Anwalt. Aufgepasst: endet ein gerichtlichr Streit mit einer Einigung, so haftet falls nicht anders vereinbart der Mandant auch für die Anwaltskosten der Gegenpartei (Art. 13/8 der neuen Berufsregelung).

In gerichtlichen Streitigkeiten gibt es - falls im Laufe des Verfahrens keine Einigung herbeigeführt wurde - im Zivilrecht immer eine vom Gericht verfügte Kostenentscheidung, die entweder der unterlegenen Partei die Kosten auferlegt oder gemäss dem Obsiegen und Unterliegen eine Quote bildet; das Gericht kann allerdings auch bestimmen, das jede Partei den eigenen Anwalt zu zahlen hat.

Zu beachten ist dabei:

:: vom Gegner werden immer nur die notwendigen Kosten, die aufgrund der gesetzlichen Gebühren berechnet werden, vom Gegner erstattet. Das führt dazu, dass beispielsweise die Kosten für einen Korrespondenzanwalt oder für geleistete Mehrarbeit, die vom Gericht nicht als gerechtfertigt angesehen wird, häufig nicht erstattet werden;

:: als Auftraggeber ist der Mandant dem Anwalt gegenùber zur Zahlung des Honorars verpflichtet: können also die Kosten vom Gegner nicht beigetrieben werden, weil dieser vermögenslos ist, trägt der Mandant die Kosten selbst (mehr dazu unter dem Link Zivilprozeß in Italien).

 

KOSTENERSTATTUNG IM STRAFPROZESS

Einleitend sei betont, dass zwischen Wahlanwalt und Pflichtverteidiger in Sache Kosten keineswegs Unterschiede bestehen: auch der Pflichtverteidiger muss vom Mandanten bezahlt werden, wenn kein Recht auf Prozesskostenhilfe besteht.

Im Strafrecht hat der Angeklagte / Beschuldigte seine Anwaltskosten (nicht auch die Gerichtskosten) selbst zu zahlen, auch wenn er freigesprochen wird (es ist als kein Rechtsanspruch fuer Schadensersatz vorhanden, weder dem Staat noch dem Strafopfer gegenueber).

Trotz des Urteils der Grossen Kammer des EuGH (Rechtssache 173/03 vom 13. Juni 2003) können Richter nur bei Rechtsverweigerung geahndet werden, oder wenn sie vorsätzlich oder grob fehlerhaft in Ausübung ihrer Aufgaben gezeigt bzw. erlassen haben; die Strafprozessordnung sieht ausserdem vor, dass bei Freispruch von minderen Straftaten, die eines Strafantrages benötigen, der Strafantragsteller die Kosten des freigesprochenen Angeklagten stellt (plus Schadensersatz); die Regelung findet allerdings kaum Anwendung. 

Ungerechtferigte Haft kann unter bestimmten Umständen, d.h. wenn keine Schuld des freigesprochenen Angeklagten besteht, entschädigt werden.

Der Nebenkläger, dh. die vom Verbrechen verletzte Person, hat bei Verurteilung des Angeklagten Recht auf (Schadensersatz und) Kostenerstattung.

 

(update 3. April 2014)